WortSchatzCaching

Claudia Berghorn: WortSchatzCaching

WortSchatzCaching macht Leseförderung als Schatzsuche erlebbar

Je besser Projekte zur Leseförderung auf die Interessen und Lebenswelt ihrer Adressaten abgestimmt sind, desto größer sind ihre Aussichten auf Erfolg. Wie also kann Leseförderung für Jugendliche aussehen, die höchst technik-affin sind, aber wenig Motivation zeigen, sich mit Literatur zu beschäftigen?

Eine mögliche Antwort darauf bietet nun eine neue Methode, genannt WortSchatzCaching. Die Idee: Unter Einsatz moderner GPS-Technologie wird die Beschäftigung mit Sprache, Literatur und Kommunikation als innovative Schatzsuche gestaltet.

WortSchatzCaching basiert auf dem immer beliebter werdenden Geocaching – einer „Schatzsuche“, die GPS-Koordinaten verwendet (siehe www.geocaching.com). Der Spaßfaktor erschließt sich dabei aus dem uralten Spiel des Suchens und Findens in Kombination mit dem Reiz innovativer Technologie.

Diesen Ansatz macht das WortSchatzCaching für die Leseförderung nutzbar, indem es dem Geocaching eine inhaltliche Ebene hinzufügt: Die Schätze, die es zu finden gilt, sind Schätze aus unserer Sprache und Literatur! So kann z. B. im Rahmen der außerschulischen Bildungsarbeit die Tradition des literarischen Stadtrundgangs mit WortSchatzCaching neu belebt und als GPS-gestützte Schnitzeljagd gestaltet werden: Die Teilnehmenden erkunden die literarische Topografie ihrer Umgebung, indem sie sich über Orte informieren, die einen Bezug zur Textproduktion und -rezeption haben – z. B. Bibliotheken und Buchhandlungen, Redaktionen und Wohnorte von Autor/-innen. Dann ermitteln sie die geografischen Koordinaten dieser Literatur-Orte und gestalten zielgruppengerechte „Schatzsuchen“. Als sehr lohnenswert können sich dabei Kooperationen mit dem Stadtmarketing und mit den ortsansässigen Unternehmen aus der „schreibenden Zunft“ erweisen, die bei dieser Schnitzeljagd angesteuert werden.

Durch die Verwendung von GPS-Daten erhält die Leseförderung mit GPS-Daten eine dezidiert geografische Komponente. Daher eignet sich diese Methode auch als praktischer Einstieg in die Lektüre von Sachtexten und Literatur rund um Themen wie die Entdeckung und Kartografierung der Welt, um Heimat und „Selbst-Verortung“ sowie geografische Aspekte der Literaturproduktion und Rezeption – bis hin zu der Frage, wo und warum im Dritten Reich Bücher verbrannt wurden oder auch heute noch Literaturschaffende verfolgt werden. Auch Grenzen und Grenzerfahrungen sind in der Literatur vielfach bearbeitet worden, z. B. als „Heldenreisen“ – Geschichten, die im Rahmen von WortSchatzCaching-Projekten neu entdeckt werden können. Darüber hinaus eröffnet die Methode vielfältige Möglichkeiten der Reflexion und kreativen Exploration von Sprache und Kommunikation im Allgemeinen. Zum Abschluss der Projekte kann die GPS-Technologie wieder genutzt werden, um die Arbeitsergebnisse der Teilnehmenden zu dokumentieren und zu „teilen“, d. h. nach Vorbild des Geocaching auch für andere zugänglich zu machen. Nicht nur inhaltlich, sondern auch praktisch können WortSchatzCaching-Projekte sehr flexibel und individuell auf die Interessen der Zielgruppe und auf vorhandene Ressourcen abgestimmt werden. Die Kosten sind gering, da GPS-Geräte inzwischen bei vielen Outdoor-Ausstattern auszuleihen sind oder alternativ kostenlose Smartphone-Apps genutzt werden können. Um die Sicherheit der Teilnehmenden zu gewährleisten („Kopf-unten-Effekt!“) empfehlen sich ein Mindestalter von zwölf Jahren und eine räumliche Begrenzung auf Fußgängerzonen.

Bei ersten Projekten in Münster und Berlin hat sich die Idee des WortSchatzCachings bereits bewährt. Die Internetseite www.wortschatzcaching.de bietet Informationen rund um das Konzept und zeigt einige Beispiele für „Virtual WortSchatzCaches“.

 

Zur Autorin

Claudia Berghorn hat Englische Literaturwissenschaft studiert und arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren als Kommunikationsfachfrau und Ideenentwicklerin in Werbung, PR und Öffentlichkeitsarbeit. Im Jahr 2011 gründete sie ihre Schreibschule, die WunderWorteWerkstatt, und gab 2016 eine erste Anthologie mit biografischen Texten heraus, die in ihren Kursen entstanden sind. Claudia Berghorn erhielt für das Konzept „WortSchatzCaching“ den „Deutschen Lesepreis 2014“ der Stiftung Lesen und der Commerzbank-Stiftung in der Kategorie „Ideen für morgen“. Sie lebt mit ih